Newsletter 02/2016 – 14.12.2016

Newsletter 02/2016 – 14.12.2016

am 14. Dezember 2016 in Newsletter | 0 comments

Liebe Mitglieder und Freunde des Adipositas-Netzwerkes SAAR e. V.,

die 32. Jahrestagung der Deutschen Adipositas-Gesellschaft e. V. (DAG), zum ersten Mal zusammengelegt mit dem Frankfurter Meeting für Adipositaschirurgie und metabolische Chirurgie, fand vom 17.–19. November statt. Die Tagung befasste sich mit Interventionsstrategien zur Vermeidung von Sekundärkomplikationen und mit Adipositas bedingten Folgeerkrankungen. Die Tagung begann mit den Live-Chirurgie-Operationen aus dem Sana-Klinikum Offenbach. Chirurgen und interventionelle Endoskopiker aus vier Kontinenten stellten die neuesten Techniken in der metabolischen Intervention vor. Verschiedene Fachgruppentagungen, Trainingskurse, Plenarvorträge, Expertentreffen, Posterbegehungen und eine Industrieausstellung ermöglichten eine breite Information. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung war dieses Jahr als Aussteller/Sponsor vertreten. Deutlich wurde, dass die Adipositas zunehmend von allen Fachgebieten als ein ernst zu nehmender Risikofaktor, der das Leben verkürzt, wahrgenommen und gemeinsame Anstrengungen für ein verbessertes Verständnis und für effektivere therapeutische Ansätze unternommen werden. Den Link zum Download der Abstracts haben wir angefügt. Adipositas ist schon lange kein Außenseiterthema mehr, sondern eine zentrale medizinische und gesamtpolitische Aufgabe.

Was gibt es bei uns im Saarland zu berichten? In unserer letzten Vorstandssitzung kamen wir zu dem Ergebnis, dass wir im Rahmen unserer Möglichkeiten den bisherigen Weg fortsetzen möchten, nämlich das Thema im Saarland präsent zu halten und konstant neue Aspekte einzubringen. Durch ein Mitglied des Präventionsausschusses der Ärztekammer, Frau Dr. med. Anja Feld, haben wir eine neue aktive Mitstreiterin für unser Anliegen gefunden.

Das diesjährige Adipositasforum zum Thema Frühe Prävention fand ein durchweg ein positives Echo, mehr dazu unter „Tagungsbericht“ im Anhang. Unsere Aufgabe wird nun sein, weitere gemeinsame Schritte mit den einzelnen Fachgruppen zu erarbeiten. Jeder Interessierte soll sich an dieser Stelle herzlich zur Mitarbeit herbeigerufen fühlen!

Zur Saarländischen Schmerzkonferenz SSK des Arbeitskreises Schmerztherapie wurde unser Netzwerk durch einen Beitrag zum interdisziplinären Thema „Adipositas und Schmerz“ eingeladen. Dadurch konnte den Kolleginnen und Kollegen eine überraschende Fülle von Schnittmengen verdeutlicht werden, von der Schmerzgenese bis hin zu gemeinsamen therapeutischen Wirkprinzipien. Auf einen hervorragenden Artikel von M. Reuss-Bors möchte ich an dieser Stelle verweisen: „Adipositas und Schmerzen – nur Komorbiditäten oder mehr als das?“

Die adipositaschirurgische Abteilung des ehemaligen Evangelischen Krankenhauses in Zweibrücken setzt ihre Arbeit im Universitätsklinikum Homburg/Saar fort. Herr Dr. Klinger wird in oberärztlicher Funktion der Ansprechpartner sein.
Wie bereits kurz berichtet, konnte das Adipositas-Netzwerk in Zusammenarbeit mit der Vernetzungsstelle Kita- und Schulverpflegung ein Präventionsprojekt mit der IKK Südwest auf den Weg bringen. Dadurch sind nun in allen interessierten saarländischen Schulen Kochprojekte anhand des modularen Kochbuches „schmeckt. einfach. gut.“ durchführbar. Zur Information im Anhang eine Kurzbeschreibung der Module, Bewegungsmodul einbegriffen. Hier hoffen wir auf Ihre Unterstützung, um weitere Moduldurchführende zu motivieren und den Kontakt zu engagierten Schulen aufzubauen.

Beginn der ersten Multiplikatorenschulung wird der 6. Dezember im CDJ Homburg/Saar sein. Wir haben also noch einige Aufgaben vor uns!

So verbleibe ich mit besten Grüßen

Ihre Angelika Thönnes

6. Saarpfälzisches Adipositasforum ein voller Erfolg

Am 15. Juni 2016 veranstalteten das Adipositas-Netzwerk SAAR e. V. und das Netzwerk „Saarpfalz mit peb – ein Landkreis macht sich fit“ beim Gesundheitsamt des Saarpfalz-Kreises eine Fachtagung zum Thema „Gesunde Entwicklung von Anfang an. Frühe Prägung von Adipositas und Möglichkeiten der Prävention.“ Das Programm Frühe Hilfen, das Modellprojekt 9 + 12, Adipositas in der Schwangerschaft und im Kleinkindalter sowie die vorgeburtliche Betreuung (stark) übergewichtiger Frauen standen dabei im Fokus.

Von links: Dr. Lieselotte Simon-Stolz, Dr. Angelika Thönnes, Prof. Dr. Jens Möller, Dr. Andrea Lambeck (peb-Geschäftsführerin) Eva Schwerdtfeger (Saarpfalz-Kreis) und Hans-Jürgen Domberg (Biosphären-Fraktion – Bündnis 90 / Die Grünen)

Mehr hierzu: Forum 2016

Aus Moby Dick wird Moby Kids

Seit nunmehr 17 Jahren bietet das ambulante Therapieprogramm unter dem Namen Moby Dick Hilfe beim Abnehmen für Kinder und Jugendliche zwischen acht und 17 Jahren an. Gegründet hatte es 1998 die Schulärztin Dr. Christiane Petersen in Hamburg, nachdem sie eine jährlich steigende Anzahl an übergewichtigen Kindern bei den schulärztlichen Untersuchungen verzeichnete. Bald übernahmen auch Partner in anderen Städten das Konzept und ein bundesweites Netzwerk entstand. Das Deutsche Rote Kreuz im Saarland bietet das Therapieprogramm für übergewichtige Kinder und Jugendliche seit 2009 an fünf Standorten an und hat seitdem über 300 Kindern betreut.

Mehr hierzu: http://adipositas-saarland.de/dokumente/Moby%20Kids.pdf

Neues aus der Wissenschaft

 Jo-Jo-Effekt

Erst dünn, dann wieder dick: Nach einer erfolgreichen Diät haben viele Menschen mit dem sogenannten Jojo-Effekt zu kämpfen. Jetzt glauben Wissenschaftler, eine mögliche Erklärung für die unerwünschte Gewichtszunahme gefunden zu haben. Laut ihrer Studie könnten Darmmikroben dafür verantwortlich sein.

Mehr hierzu: Deutschlandfunk

 Wo der Appetit herkommt

“Jetzt hab ich genug – ich bin satt!” Welche Prozesse im Gehirn stecken hinter diesem Gefühl? In diese Frage könnten Forscher nun wichtige Einblicke gewonnen haben. Ihre Versuche an Mäusen legen nahe, dass ein spezielles Enzym im Gehirn die Mengen bei der Nahrungsaufnahme beeinflusst: Ohne diesen Wirkstoff, fraßen die Versuchstiere übermäßig viel und wurden fettleibig. Wurde das Wirkprinzip des Enzyms hingegen künstlich stimuliert, schränkten die Mäuse ihre Portionen ein. Falls beim Menschen das gleiche Regulationskonzept existiert, könnte es Ansatzpunkte für neue Therapiemöglichkeiten bieten, sagen die Forscher.

Mehr hierzu: http://www.wissenschaft.de/leben-umwelt/medizin/- /journal_content/56/12054/10639957/m%c3%83%c2%b6glicher-drahtzieher-des-appetits- entdeckt

 Binge-Eating: Mehr als nur Essattacken

Wenn ein Mensch unter unkontrollierten Essattacken leidet, hält man ihn schnell für einfach nur willensschwach. Dass hinter der sogenannten Binge-Eating-Störung aber mehr steckt, belegt jetzt ein Experiment. Es zeigt, dass Menschen mit dieser Essstörung generell mehr Probleme damit haben, Entscheidungen und Verhalten an eine sich ändernde Situation anzupassen – auch jenseits des Essverhaltens. Die Ursachen der Essattacken liegen damit tiefer als viele annehmen.

Mehr hierzu: http://www.wissenschaft.de/leben-umwelt/hirnforschung/- /journal_content/56/12054/14699668/Binge-Eating%3A-Mehr-als-nur-Essattacken/

 Leben Dicke wirklich länger?

Jahrelang hielt sich die Mär, dass dickleibige Personen bessere Überlebensaussichten hätten als schlankere. Doch legen Sie Ihren Nutella-Löffel besser weg: Denn ein Forscherteam hat sich die Daten nochmal genau angesehen. Es konnte gezeigt werden, dass das so nicht stimmt.

Forscher um John Danesh vom Department of Public Health der Cambridge University haben die alten Daten nun neu ausgewertet und die Kunde von der gesunden Fettleibigkeit als eine Mär entlarvt. Bei ihren Berechnungen stützten sie sich auf die Ergebnisse von knapp 240 einschlägigen epidemiologischen Studien, an denen zusammen rund elf Millionen Männer und Frauen aller Alters- und Gewichtklassen beteiligt gewesen waren. Ohne die Raucher sieht es anders aus: Denn Raucher sind überwiegend dünner als Nichtraucher, und viele, zumal schwere Erkrankungen führen im Endstadium zu einem teils ausgeprägten Gewichtsverlust. Werden solche Personen in Sterblichkeitsberechnungen miteinbezogen, kommen die Übergewichtigen zu gut und die Schlanken zu schlecht weg. Genau das scheint aber oft geschehen zu sein. Wie die Forscher in der medizinischen Zeitschrift „Lancet“ schreiben, verstarben im Verlauf von bis zu vierzehn Jahren knapp zehn Prozent der vier Millionen Probanden. Anders als in vielen vorausgegangenen Analysen wiesen die Dicksten dabei die höchste und die Normalgewichtigen die geringste Sterblichkeit auf.

Mehr dazu: http://www.thelancet.com/

 Gewichtsreduktion hat positiven Effekt auf den Stoffwechsel

US-Forscher publizieren in der Zeitschrift „Cell Metabolism“ (Magkos et al., Effects of Moderate and Subsequent Progressive Weight Loss on Metabolic Function and Adipose. Tissue Biology in Humans with Obesity, Februar 2016) Ergebnisse, die zeigen, dass eine moderate Gewichtsreduktion einen positiven Effekt auf den Stoffwechsel hat. Medienbericht:

Mehr hierzu: http://www.cell.com/

 Mortalität bei Personen mit Typ-2-Diabetes

Eine Auswertung von Daten aus der „Nurses‘ Health Study” und der „Health Professionals Follow-Up Study” hat gezeigt, dass es keine Evidenz für eine geringere Mortalitätsrate bei Personen mit Typ-2-Diabetes gibt, wenn sie übergewichtig oder adipös sind, im Vergleich zu normalgewichtigen Personen mit Typ-2-Diabetes: https://www.dge.de/

 Mortalität bei Übergewicht und Adipositas

In einer kürzlich in der Fachzeitschrift JAMA erschienenen Metaanalyse wurde eine verringerte Mortalität von übergewichtigen im Vergleich zu normalgewichtigen Personen gezeigt. Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zu früheren Veröffentlichungen und weist auf den begrenzten Wert des BMI und dessen Kategorisierung hin.

Mehr hierzu: http://www.dvgs.de/

 Pain and Obesity

Viele Schmerz-Patienten sind adipös und viele adipöse Patienten klagen über lokalisierte oder auch generalisierte Schmerzen. Dabei handelt es sich nicht nur um eine Ko-Inzidenz häufiger Erkrankungen. Adipositas kann durch mechanische Überlastung, aber auch durch die Wirkung proinflammatorischer Zytokine Schmerzen verursachen bzw. verstärken. Umgekehrt können Schmerzen z. B. durch Abnahme der körperlichen Aktivität oder Schlafstörungen auch zu einer (weiteren) Gewichtszunahme führen. Kompliziert wird die Gemengelage durch die Tatsache, dass eine Reihe individueller und sozio-ökonomischer Faktoren sowohl die Entwicklung einer Adipositas als auch die Schmerzzunahme und -chronifizierung fördern. In dieser Arbeit werden pathophysiologisch relevante Zusammenhänge zwischen Adipositas und Schmerzen beschrieben. Bei der Therapie adipöser Schmerzpatienten sollten die komplexen bio-psycho- sozialen Interaktionen berücksichtigt werden. Dies erfordert ein multimodales interdisziplinäres Vorgehen, das an verschiedenen Stellschrauben angreift

Mehr hierzu: https://www.thieme-connect.com/

Initiativen und Maßnahmen

 Welt-Adipositas-Tag

Anlässlich des Welt-Adipositas-Tages warnen Fachgesellschaften vor dem epidemischen Ausmaß und den Folgen von krankhaftem Übergewicht und fordern vor diesem Hintergrund einen Bundesbeauftragten für Diabetes und Adipositas.
Zum 2. World Obesity Day, am 11. Oktober 2016, schlagen Experten Alarm: Bereits 223 Millionen Schulkinder sind weltweit übergewichtig oder fettsüchtig. Diese Zahl steigt bis zum Jahr 2025 voraussichtlich auf 268 Millionen an, sollten die Regierungen keine Gegenmaßnahmen ergreifen. In der Folge werden 2025 rund 27 Millionen Kinder unter Bluthochdruck leiden, 38 Millionen eine Fettleber entwickeln und zwei Millionen an Diabetes mellitus Typ 2 erkranken.

 Adipositasprävalenz in Deutschland für das Jahr 2030

Das Rostocker Zentrum zur Erforschung des Demografischen Wandels hat anhand verschiedener Annahmen die Adipositasprävalenz in Deutschland für das Jahr 2030 berechnet: Jeder fünfte bis zehnte über Fünfzigjährige wird fettleibig sein. Die Daten sind in „Obesity Facts“ veröffentlicht

Mehr hierzu: http://easo.org/

 15 Prozent der Drei- bis Siebzehnjährigen sind übergewichtig

„Übergewicht und Fettleibigkeit bei Kindern und Jugendlichen sind in Deutschland ein ernstes Problem“, warnt Professor Dr. med. Baptist Gallwitz, Präsident der DDG. Die letztverfügbaren und repräsentativen Daten für Deutschland wurden 2003 bis 2006 gemessen (KiGGS1). Danach sind 15 Prozent der Drei- bis Siebzehnjährigen übergewichtig. Aktuellere Messdaten werden voraussichtlich erst 2017/2018 verfügbar sein.

Nach Angaben der Experten des Welt-Adipositas-Tages wird die Zahl übergewichtiger Kinder und Jugendlicher bis zum Jahr 2025 auf schätzungsweise 1,8 Millionen steigen. „Ihnen droht im Erwachsenenalter ein erhöhtes Risiko für chronische Krankheiten wie Diabetes, Herz- Kreislaufleiden, Krebs, Gelenkverschleiß und psychische Probleme“, ergänzt Dr. med. Jens Kröger, Vorstandsvorsitzender von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe.

WHO: Diabetesbedingte Todesfälle werden weltweit ansteigen

Konkret beziffert der Welt-Adipositas-Tag die Konsequenzen für Deutschland wie folgt: Aus der Gruppe der übergewichtigen Kinder werden bis zum Jahr 2025 insgesamt 73.000 Betroffene eine gestörte Glukosetoleranz erkennen lassen – dabei handelt es sich um eine Vorstufe des Diabetes –, 23.000 an Diabetes mellitus Typ 2 erkranken, 159.000 an überhöhtem Blutdruck und 220.000 an einer Fettleber.

Wie dramatisch die Situation ist, belegen auch aktuelle Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO). So gehört Diabetes zu den fünf Krankheiten, die zwischen 2015 und 2030 immer häufiger Todesursachen sein werden. Um ganze 34 Prozent werden diabetesbedingte Todesfälle nach WHO-Berechnungen in diesem Zeitraum ansteigen.

Beauftragten der Bundesregierung für Diabetes und Adipositas

„Um dieser leidvollen und kostenintensiven Entwicklung entgegen zu steuern, benötigen wir einen Beauftragten der Bundesregierung für Diabetes und Adipositas“, fordert Kröger. Ein Bundesbeauftragter könne beispielsweise auf die Bundesländer einwirken sowie verpflichtende Qualitätsstandards für das Essen an Schulen und Kitas einzuführen. Derzeit ist in Deutschland eine gesunde Kita- und Schulverpflegung noch die Ausnahme.

Zwar hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) bereits im Jahr 2007 entsprechende Qualitätsstandards erarbeitet. Doch bisher haben nur die Bundesländer Berlin und Saarland diese verbindlich umgesetzt. „Das Ernährungsverhalten und die Geschmacksvorlieben werden früh in der Kindheit geprägt“, betont Gallwitz. „Deshalb wäre eine solche Maßnahme sehr wichtig.“
Darüber hinaus fordern die beiden Diabetesorganisationen weiterreichende Initiativen – und schließen sich den Vorschlägen der Initiatoren des World Obesity Day an, die das Ziel verfolgen, die Zunahme des kindlichen Übergewichts zu stoppen. „Auch wir begrüßen Bewegungsförderung bei Kindern, Abbau von Übergewicht während der Schwangerschaft, Stillen und die Reduktion stark fett-und zuckerhaltiger Lebensmittel und Getränke“, sagt Gallwitz.

Zudem merken die Experten des World Obesity Day kritisch an, dass „fett- und zuckerhaltige Nahrungsmittel und Getränke noch immer die meist beworbenen Produkte im Fernsehen und Internet“ sind. „Anstatt Kinder vor schädigenden Zuckerbomben zu schützen, missbraucht die Lebensmittelindustrie Kinder als absatzfördernde Zielgruppe“, klagt der diabetesDE- Vorsitzende Kröger an. DDG und diabetesDE setzen sich zusammen mit der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) seit Jahren für ein Verbot von an Kinder gerichteter Lebensmittelwerbung ein.

Mehr hierzu: Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe

 Adipositas bei Kindern und Jugendlichen

Bundesländer lehnen Qualitätsstandards für Kita- und Schulverpflegung ab

Die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) fordert verbindliche Qualitätsstandards für die Kita- und Schulverpflegung als Maßnahme gegen die Übergewichtswelle bei Kindern und Jugendlichen. Nur zwei Bundesländer, nämlich Berlin und das Saarland, haben die anerkannten Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) bisher umgesetzt. Das Bündnis hatte die restlichen 14 Bundesländer daher befragt, wann die DGE-Qualitätsstandards für Schul- und Kitaessen verpflichtend eingeführt werden.

Keine verbindliche Einführung der DGE-Qualitätsstandards geplant

Die Antworten der Kultusministerien machten deutlich, dass eine obligatorische Einführung in weiteren Ländern nicht geplant ist. „Die Schulpolitik nimmt ihre Verantwortung nicht wahr, duckt sich weg und schiebt die Verantwortung an die Schulen ab“, resümiert Dietrich Garlichs, Sprecher von DANK, die Umfrage. Dabei sind Übergewicht und Adipositas in Deutschland auch bei Kindern und Jugendlichen ein gravierendes Problem. 15 Prozent der Drei- bis Siebzehnjährigen sind übergewichtig und aus dicken Kindern werden meist dicke Erwachsene, die ein erhöhtes Risiko für chronische Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen, einige Krebsarten und Gelenkserkrankungen sowie psychische Probleme haben. Zwei Drittel der Männer und die Hälfte der Frauen in Deutschland sind übergewichtig.

Die Kita- und Schulverpflegung spielt daher nicht nur eine zentrale Rolle für die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, sondern sie kann auch einen nachhaltigen Beitrag zum Gesundheitsverhalten in der Bevölkerung insgesamt leisten. Derzeit ist eine gesunde Kita- und Schulverpflegung hierzulande allerdings eher die Ausnahme.
Qualität der Verpflegung bundesweit noch unbefriedigend – Nur Berlin und das Saarland gehen mit gutem Beispiel voran
Bereits 2007 bzw. 2009 wurden die DGE-Qualitätsstandards zur Verbesserung der Kita- und Schulverpflegung von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz erarbeitet und inzwischen aktualisiert. Sie bieten eine gute Grundlage für eine altersangemessene und qualitativ hochwertige Verpflegung. Bisher setzen jedoch nur Berlin und das Saarland die Standards für Ganztagsschulen um. „Alle Kinder haben ein Recht auf Gesundheit und gute Ernährung. Der Bund sollte beim Ausbau von Schulmensen und -küchen mit in die V erantwortung genommen werden“, findet Renate Künast, V orsitzende des Verbraucherschutzausschusses im Bundestag. Aktuellen Untersuchungsergebnissen zufolge ist die Qualität der Kita- und Schulverpflegung bundesweit noch unbefriedigend.

Kita-Verpflegung

Nur 18 % der Kitas berücksichtigen die DGE-Qualitätsstandards

  •  46 % der Kitas bieten zu häufig Fleisch und Fleischerzeugnisse an; Obst, Gemüse und Rohkost dagegen zu selten
  •  Nur 38,4 % der Kitas verfügen über entsprechende Fachkräfte (Hauswirtschafterinnen/ Hauswirtschafter oder Köchinnen/Köche)
  •  Bei 56 % der Kitas wird das Essen warm angeliefert; nur ein Drittel kocht selbst
  •  Nur 16,2 % der Kitas verfügen über voll ausgestattete Küchen
  •  Schulverpflegung
  •  Nur 50 % der befragten Schulen kennen den DGE-Standard, davon wiederrum setzen nur
    die Hälfte die Standards um
  •  In 60 % der Schulen wird das Essen warm gehalten; nur 20 % der Mahlzeiten bestehen
    aus Frisch- und Mischküche
  •  In über 34 % der Schulen wird Gemüse nicht täglich angeboten
  •  In 61 % der Schulen haben die Schüler weniger als eine dreiviertel Stunde Zeit für die Mittagspause
  •  30 % der Schüler schmeckt das Essen nicht; über die Hälfte der Sekundarschüler verpflegt
    sich beim Imbiss, Bäcker oder Fast-Food-Restaurant

Verantwortung auf Schulträger und Schulen abgeschoben

Alle Bundesländer begrüßen Qualitätsstandards für die Kita- und Schulverpflegung, jedoch wird auf der anderen Seite deutlich, dass keines der Länder in naher Zukunft die verbindliche Einführung der DGE-Qualitätsstandards plant. Die Bundesländer verweisen stattdessen auf die Eigenverantwortung der Träger, die im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung und mit Unterstützung der jeweiligen Vernetzungsstellen Kita- und Schulverpflegung an der Umsetzung der DGE-Qualitätsstandards arbeiten sollen. In Zusammenarbeit mit den Vernetzungsstellen gebe es die Möglichkeit für Schulen, sich beraten zu lassen und ihre Speisepläne einem DGE-Qualitätscheck zu unterziehen, allerdings ist dieses Angebot freiwillig. Vielfach wird unterstrichen, dass die DGE-Qualitätsstandards bereits jetzt in Teilen Berücksichtigung finden und auch zur Ausgestaltung der Catererverträge genutzt werden können.

Trotz der Anstrengungen der Bundesländer, die Qualität des Kita- und Schulessens zu verbessern, setzt sich DANK für eine bundesweit verpflichtende Einführung der DGE- Qualitätsstandards ein. Nur so kann sich eine qualitativ hochwertige Verpflegung etablieren, die sich nicht nur auf Schulen und Kitas mit besonders engagierten Trägern oder gut vernetzten Elterninitiativen beschränkt, sondern deutschlandweit zum Standard wird und somit alle Kinder und Jugendliche erreicht.

 Großbritannien bekommt eine Limo-Steuer

Diese Meldung hat auch in Deutschland für Aufmerksamkeit gesorgt. Dietrich Monstadt (MdB), aber auch die Deutsche Adipositas-Gesellschaft sowie die Deutsche Diabetes- Gesellschaft, fordern dies auch für Deutschland. Beachten Sie die diesbezügliche Pressemeldung:

Mehr hierzu: http://www.dietrichmonstadt.de/

 Deutsche Diabetes Gesellschaft begrüßt Zuckersteuer

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) und diabetesDE – Deutsche Diabetes Hilfe begrüßen die Ankündigung der britischen Regierung, eine Zuckersteuer für Softdrink- Unternehmen zu erlassen. „Dieser Beschluss sollte uns in Deutschland ein Vorbild sein, weil eine solche Steuer hilft, Übergewicht und Diabetes zu verhindern“, sagt Professor Dr. med. Dirk Müller-Wieland, Vizepräsident der DDG. „Die britische Steuer setzt Unternehmen den ökonomischen Anreiz, den Zuckergehalt in ihren Getränken zu reduzieren, und das ist genau die richtige Strategie“, ergänzt Professor Dr. med. Thomas Danne, Vorstandsvorsitzender von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe

Mehr hierzu: http://www.deutsche-diabetes-gesellschaft.de/

 WHO-Empfehlung zur Senkung von Übergewicht und Adipositas

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Empfehlungen „Report of the Commission on Ending Childhood Obesity“ zur Senkung von Übergewicht und Adipositas bei Kindern herausgegeben. World Health Organization (2016),

Mehr hierzu: http://www.who.int/

 Aktueller Leitfaden “5A-Adipositas-Management für Behandler“

Der aktuelle Leitfaden “5A-Adipositas-Management für Behandler“ wird durch die IFB- Website zur Verfügung gestellt:

Mehr hierzu: https://www.ifb-adipositas.de/

 Neue S3-Leitlinie zur „Prävention und Therapie der Adipositas“

Neue S3-Leitlinie zur „Prävention und Therapie der Adipositas“ unter Federführung der Deutschen Adipositas-Gesellschaft veröffentlicht.

Mehr hierzu: http://www.adipositas- gesellschaft.de/

 Initiative NINETTE zur Aufklärung und Prävention von Essstörungen

Unter www.ninette.berlin ist ab sofort die interaktive Plattform und Initiative NINETTE zur Aufklärung und Prävention von Essstörungen erreichbar. Zielgruppe sind insbesondere 11– 15jährige Mädchen, deren Freundeskreis und Angehörige. Die integrierten Onlineberatungsangebote werden vom Frankfurter Zentrum für Ess-Störungen, ANAD e. V. und Waage e. V. bereitgestellt. Die Schirmherrschaft hat Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe übernommen.

Mehr hierzu: www.ninette.berlin

 Ärzte können zukünftig Präventionsleistungen empfehlen

Ärztinnen und Ärzte können zukünftig, sofern dies medizinisch angezeigt ist, Leistungen zur verhaltensbezogenen Prävention empfehlen. Ziel ist es, individuelle verhaltensbezogene Risikofaktoren zu senken, die für das Entstehen von Erkrankungen verantwortlich sein können. Mögliche Handlungsfelder sind Bewegungsgewohnheiten, Ernährung, Stressmanagement und Suchtmittelkonsum. Die Beschlüsse zur Änderung der Früherkennungs-Richtlinien für Kinder, Jugendliche und Erwachsene hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) am Donnerstag in Berlin gefasst. Die ärztlichen Präventionsempfehlungen können jedoch auch im Rahmen einer sonstigen ärztlichen Untersuchung erteilt werden.

Mehr hierzu: https://www.g- ba.de/

Buchempfehlung

http://www.iges.com/presse/2016/weissbuch- adipositas/index_ger.htm

Ein „Weißbuch Adipositas – Versorgungssituation in Deutschland“ ist erschienen. Experten sind über die steigende Zahl Erwachsener besorgt, die an besonders schwerer Adipositas leiden. Dabei existieren wirksame Therapieansätze, um das Körpergewicht langfristig zu verringern und damit begleitende Erkrankungen zu lindern oder zu vermeiden. Diese Angebote zu finden, ist jedoch für Betroffene oft mühsam. Zudem übernehmen die Krankenkassen nicht durchgehend die Kosten. Experten fordern daher eine flächendeckende, optimal ver- netzte und besser finanzierte Versorgung der Adipositas in Deutschland.

Das ist ein Fazit des Weißbuchs Adipositas von Wissenschaftlern des IGES Instituts. Das Buch liefert einen umfassenden Überblick aktueller wissenschaftlicher Daten zur Versorgung der Adipositas. Ziel ist es, Anstöße für die zukünftige Gestaltung und Optimierung der Adipositasversorgung in Deutschland zu geben.

Termine

 33. Jahrestagung der Deutschen Adipositas-Gesellschaft e. V.

Datum: 28.-30. September 2017

Ort: Universität Potsdam – Campus III Griebnitzsee, Haus 6 , August-Bebel-Straße 89 14482 Potsdam

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