Newsletter 01/2015 – 15.02.2015
Liebe Mitglieder und Freunde des Adipositas-Netzwerkes SAAR e. V.,
über die zurückliegenden Ereignisse sowie die nächsten Termine und Aufgaben möchten wir Sie mit diesem Newsletter informieren.
Die erhöhte Prävalenz von Übergewicht und Adipositas bei Menschen mit Behinderung ist alarmierend und erfordert spezifische Ansätze. Diese Thematik wurde bereits mit einer Fachtagung im letzten Jahr aufgegriffen und mit einzelnen Einrichtungen in praktischer Unterstützung durch Beratung und edukative Gruppenangebote umgesetzt.
Am 19. März 2015 erhielt das Adipositas-Netzwerk SAAR zusammen mit der Arbeitsgruppe Gesundheitschancen von Saarpfalz mit peb im Rahmen des Wettbewerbes „Gesund leben- gesund bleiben“ des Ministeriums für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie dafür einen 1. Preis in der Kategorie Inklusion.
Am 15. April 2015 fand das 5. Saarpfälzisches Adipositassymposium in Homburg zum Thema „Psychische Behinderung und Adipositas“ statt. Die Verbesserung der somatischen Versorgung chronisch psychisch Erkrankter mit ihrer oft ausgeprägten Gewichtsproblematik und ihres erhöhten metabolischen Risikoprofils erfordert auf individueller Ebene aber auch auf institutioneller Ebene entsprechende Maßnahmen. Frau Minister Bachmann würdigte in Ihrem Grußwort die Arbeit unseres Netzwerkes ausdrücklich. Alle, die an dieser Thematik interessiert sind und im Bereich Ernährungsberatung, Bewegung und psychosoziale Edukation mitarbeiten wollen, sind dazu herzlich eingeladen!
Zusammen mit der Ärztekammer und der Psychotherapeutenkammer des Saarlandes wird am 13. Mai 2015 ein klinisches Wochenende zum Thema „Adipositas – ein Fall für Psychotherapie?“ in Saarbrücken veranstaltet. Hervorragende Referenten (für den Erwachsenenbereich Herr Prof. Herpertz, für den Kinder- und Jugendbereich Frau Prof. Warschburger) sowie eine anschließende Diskussionsrunde mit Vertretern des Adipositas- Netzwerks greifen aktuelle Fragen auf. So z. B. die Begutachtungsfrage vor bariatrischem Eingriff, ambulante Therapiekonzepte, Aufbau von Schwerpunktpraxen und die Psychotherapie der Essstörung.
In der Frage der Prävention arbeiten wir mit dem Präventionsausschuss der Ärztekammer, dem Institut für präventives Handeln (LPH) und der Landesarbeitsgemeinschaft Gesundheitsförderung Saar (LAGS) zusammen. Hier wird uns die Frage der Adipositasprävention im Vorschulbereich als nächstes beschäftigen. Die Frage der Prävention durch Förderung von Ernährungskompetenz verfolgen wir bereits aktiv zusammen mit der Vernetzungsstelle Schulverpflegung. Ein modularisiertes Kochbuch ist dazu in Arbeit.
Das Adipositas-Netzwerk feiert dieses Jahr sein 10- jähriges Bestehen! Schon an dieser Stelle laden wir für den 14. Oktober 2015 zu einer Vortragsveranstaltung mit Herrn Prof. Peters aus Lübeck (Selfish brain-Theorie) an die Herman Neuberger Sportschule nach Saarbrücken mit anschließendem geselligem Beisammensein herzlich ein.
So verbleibe ich mit den besten Grüßen
Ihre Angelika Thönnes
1. Vorsitzende
Neues aus der Wissenschaft
Einfluss verschiedener Ernährungsmuster auf die Krankheitslast
Die Studie von Struijk et al. untersucht den Einfluss des Ernährungsverhaltens auf die Krankheitslast. Sie zeigt deutlich, dass ein gesünderes Ernährungsverhalten zu einer Verringerung der individuellen Krankheitslast und folglich zum Gewinn gesunder Lebensjahre führt. Die kürzlich veröffentlichte Global Burden of Disease Study konnte einen solchen Trend nun auch für Deutschland ermitteln. Nach Berechnungen dieser Studie stellen für Deutschland aktuell der Komplex „ernährungsbedingte Risiken“ und der Body Mass Index die bedeutendsten Risikofaktoren für die Krankheitslast und den vorzeitigen Tod dar. Aus diesem Grund ist es unabdingbar, dass bei Präventionsmaßnahmen der Schwerpunkt auf einen gesunden Lebensstil mit dem Ziel einer ausgewogenen Ernährung und einem angemessenen Körpergewicht gelegt wird.
http://www.kompetenznetz- adipositas.de/
Die Weltgesundheitsorganisation hat ihre Empfehlung für den täglichen Zuckerkonsum geändert und rät nun zu einem niedrigeren Verzehr.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gab Anfang März 2014 einen Entwurf der Empfehlung zum Zuckerkonsum bekannt. Demnach soll der Tagesbedarf an Energie nur zu 5 Prozent durch Zucker gedeckt werden, frühere Empfehlung gaben 10 Prozent vor. Dies entspräche bei einem normalgewichtigen Menschen mit normalem Energieverbrauch 25 g im Unterschied zu 50 g. Durchschnittlich nimmt der Mensch über alle Altersgruppen hinweg täglich 90 g Zucker zu sich. Experten sind sich einig: Das ist zu viel. “Diabetes vom Typ 2 und Adipositas kommen wie ein Tsunami über uns, nicht nur in Deutschland, sondern in vielen Ländern”, sagt Erhard Siegel, Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). Weil Zucker dabei eine wesentliche Rolle spielt, hat sich die WHO zu dieser radikalen Beschränkung entschieden. Erwachsene sollten nicht mehr als sechs Teelöffel Zucker täglich zu sich nehmen. Für Kinder fordert die WHO sogar nur die Hälfte, also 12,5 g täglich. Die Angaben beziehen sich auf Zucker, der Speisen und Getränken zugesetzt wird sowie Zucker, der natürlicherweise in Honig, Sirup, Fruchtsäften und Fruchtsaftkonzentraten enthalten ist. Obst und Gemüse gehören nicht dazu.
Diabetes und Adipositas
Matthias Tschöpf ist Sprecher des Helmholtz-Diabetes-Zentrums München und Lehrstuhlinhaber für Stoffwechselerkrankungen an der TU-München. In einem interessanten Interview gibt er einen Einblick in die aktuelle Diskussion um Typ 2-Diabetes und Adipositas, sowie neue komplexe Sichtweisen zu Entstehung und Therapie.
Adipositas und Behinderung
Menschen mit Behinderung und Adipositas sind besonderen stigmatisierungs- und Exklusionsprozessen ausgesetzt. Die vorliegende, explorative Pilotstudie untersucht die Häufigkeit von Übergewicht und Adipositas, bei behinderten und besonders bei Menschen mit Intelligenzminderung in Deutschland. Methodik: Piloterhebung in zwei Werkstätten für Behinderte des Christlichen Sozialwerkes (n=340). Ergebnisse: 60,4 % der behinderten Personen waren übergewichtig (BMI ≥25) und 33,0 % gelten als adipös (BMI ≥30). Werden ausschließlich Menschen mit Intelligenzminderung betrachtet, so waren 61,2 % übergewichtig und 36,2 % adipös. Frauen stellen eine besondere Risikogruppe dar. Die Wohnform der Menschen mit Behinderung (institutionell vs. nicht-institutionell) ist nicht in besonderer Weise mit Adipositas assoziiert. Schlussfolgerung: Der untersuchte Personenkreis mit Behinderung ist im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung stärker von Adipositas betroffen. Es besteht dringender Forschungs- und Handlungsbedarf für die Entwicklung und Evaluation präventiver und therapeutischer Interventionen. Für Menschen mit Intelligenzminderung bedarf es dabei besonderer Strategien.
Medikamentöse Therapie vs. bariatrische Chirurgie bei Adipositas und Typ-2-Diabetes
Der Zusammenhang zwischen erhöhtem Körpergewicht und erhöhtem Risiko für Typ-2- Diabetes ist epidemiologisch gut belegt, und durch Gewichtsreduktion kann die Manifestation des Typ-2-Diabetes verzögert werden. Zur Basistherapie des Typ-2-Diabetes zählen lebensstilmodifizierende Maßnahmen wie Schulung, Ernährungstherapie, Steigerung der körperlichen Aktivität, Nichtrauchen und Stressbewältigungsstrategien. Wenn die Basistherapie nicht erfolgreich ist, erfolgt eine stufenweise eskalierende Pharmakotherapie bis zum Erreichen individueller Ziele. Allerdings kann auch die medikamentöse Therapie des Typ-2-Diabetes ein Fortschreiten der Erkrankung und die Manifestation von Diabeteskomplikationen häufig nicht verhindern. Eine Gewichtsreduktion gehört zu den Zielen für Patienten mit Typ-2-Diabetes und Adipositas, dauerhaft ist es durch konservative Strategien schwer zu erreichen. Auch deshalb hat sich in den letzten Jahren die bariatrische Chirurgie als eine Alternative insbesondere für Patienten mit adipositasassoziiertem Typ-2- Diabetes etabliert, bei denen durch die medikamentöse Therapie kein HbA1c < 7,5 % erreicht werden kann.
Adipositas permagna und neuroleptische Kompetenz
Ein interessanter und betroffen machender Fallbericht von Herrn Prof. Kröber, Forensische Psychiatrie der Charite, Universitätsmedizin Berlin mit einem klaren Plädoyer für ein engagiertes Therapiekonzept zur Adipositasprävention bei chronisch psychiatrisch Erkrankten.
Auch metabolisch gesunde Adipöse haben ein erhöhtes Diabetesrisiko
Eine Studie an 33.939 israelischen jungen Männern verspricht valide Ergebnisse, kein Teilnehmer war diabetisch. Nach 6,1 Jahren zeigte sich, dass die Neuerkrankung an einem Diabetes sowohl vom BMI als auch vom metabolischen Status abhing. Die Erhöhung des BMI um eine Einheit steigerte- unabhängig vom metabolischen Status- das Diabetesrisiko um 10,6%.
http://care.diabetesjournals.org/
Die Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) schlägt Alarm. Kinder sitzen bis zu 70 Prozent ihrer Wachzeit
Der sitzende Lebensstil begünstigt so das Risikofaktor Übergewicht spürbar. Kinder sollten sich daher mehr bewegen und gesünder essen. Denn die Daten sind niederschmetternd: 1,9 Millionen Kinder und Jugendliche sind zu dick, 800.000 leiden an einer gefährlichen Fettleibigkeit. Außerdem haben die Kinder und Jugendlichen motorische Defizite und eine reduzierte körperliche Leistungsfähigkeit. Prekär ist insbesondere der Übergang vom Kindergarten zur Schule. In dieser Altersphase findet meist die größte Gewichtszunahme statt, da sich hier die „sitzende Lebensweise“ eines Kindes manifestiert, weil das freie Spiel aus der Kindergartenzeit, das viele Bewegungselemente enthält, plötzlich wegfällt. In dieser Phase müssen somit gezielte Strategien zur bewegten Lebensweise entwickelt werden.
http://www.kinderaerztliche-praxis.de/
Jamie Oliver kämpft gegen Fettleibigkeit bei Kindern
Der englische Starkoch Jamie Oliver ruft zum weltweiten Kampf gegen Übergewicht von Kindern auf und will die Politik unter Druck setzen. Seine Kampagne für Ernährungslehre als Unterrichtsfach hat schon rund 100.000 Unterschriften. “Wenn ihr mit mir Millionen von Leuten dazu bringt, diese Petition zu unterschreiben, können wir eine Bewegung schaffen, die mächtig genug ist, alle G20-Regierungen zum Handeln zu zwingen”, schreibt Oliver auf der Kampagnen-Seite im Internet. Weltweit seien 42 Millionen Kinder unter fünf Jahren übergewichtig oder fettleibig. “Das heißt, dass die nächste Generation kürzer lebt als ihre Eltern, wenn nichts getan wird, um diese alarmierenden Zahlen zu verbessern.” Vor rund zehn Jahren hatte Oliver in Großbritannien eine Kampagne für besseres Essen in der Schule gestartet. Inzwischen werden in England Kinder unter 14 Jahren im Kochen unterrichtet
Buchhinweise, Arbeitsmaterialien, Medien
Friedrich Schorb (2015). Die Adipositas-Epidemie als politisches Problem. Gesellschaftliche Wahrnehmung und staatliche Intervention. Springer. (E-Book 39,99 €) Herrn Friedrich Schorb konnten wir auf dem letzten DRK-Symposium zum Thema Stigmatisierunserfahrungen bei Adipositas persönlich kennenlernen. Als Soziologe und Lehrbeauftrager der Human- und Gesundheitswissenschaften, Mitarbeiter am Institut für Public Health an der Universität Bremen zeichnet er eine politische Sicht zur gesellschaftlichen Wahrnehmung der Adipositas und staatlicher Interventionen.
Der gegenwärtige Diskurs um die „Adipositas-Epidemie“ ist ohne das Wissen um seine historische Entstehung nicht nachvollziehbar. Die Wahrnehmung von Adipositas als einem sozialen Problem ist sehr viel älter als die aktuelle Problematisierung als Epidemie. Unbestritten aber hat die mediale Aufmerksamkeit für Adipositas durch die Thematisierung als Epidemie einen gewaltigen Schub erhalten (Saguy und Riley 2005). Durch die internationale Festlegung von Grenzwerten wurde nicht nur eine einmalige Vergleichbarkeit der Prävalenzen weltweit ermöglicht, sondern auch der Eindruck vermittelt, dass die Bevölkerungsmehrheit in fast allen westlichen Industriestaaten unter dem Problem leidet.
Neue Mitglieder
- Frau Tanja Martin, Erzieherin, Homburg
- Marion Schweizer, FrauAktiv, Losheim
Termine
1. Juni 2015: Selbsthilfegruppe Adipositas Saarbrücken
Gruppengründung in den Räumen der KISS in Saarbrücken. Weitere Informationen bei:
Annette Pauli
Landesvereinigung SELBSTHILFE e.V.
Spitzenverband der behinderten und chronisch kranken Menschen im Saarland
Futterstraße 27
66111 Saarbrücken
Tel.: 0681-9102423
Fax: 0681-960213-29
a.pauli@selbsthilfe-saar.de
www.selbsthilfe-im-saarland.de
Samstag, 13. Juni 2015: Gemeinsames Klinisches Wochenende der Ärztekammer und der Psychotherapeutenkammer des Saarlandes mit dem Adipositas-Netzwerk SAAR e. V.
Thema: Vom Wonneproppen zum Prachtexemplar” – unsere adipöse Gesellschaft
Programm:
- Begrüßung und Einführung durch Dr. med. Josef Mischo und Dipl.-Psych. Bernhard Morsch (Präsidenten der Ärztekammer und der Psychotherapeutenkammer des Saarlandes)
- Prof. Dr.med. Stephan Herpertz: Des einen Freud ist des anderen Leid – psychosoziale und psychosomatische Aspekte der Adipositas
- Prof. Dr. Petra Warschburger: Adipositas bei Kindern und Jugendlichen
- Pause
- Dr. Angelika Thönnes: 10 Jahre Adipositas-Netzwerk SAAR e.V.
- Diskussion – Moderation Prof. Dr. Volker Köllner und Dipl. Psych. Inge Neiser
Uhrzeit: 9:00 bis 13 Uhr
Tagungsort: Haus der Ärzte, Faktoreistraße 4, 66111 Saarbrücken, Sitzungssaal, 1. OG. Weitere Informationen: Ärztekammer des Saarlandes, Sabine Blank, Tel.0681/4003-274 (www.aeksaar.de )
14. Oktober 2015: 10- Jahresfeier Adipositas-Netzwerk SAAR e. V.
Das Gehirn in der Energiekrise: Psychosoziale Belastungen und Adipositas, von der Theorie in die Praxis“
Der mit seinem selfish-brain-Konzept international anerkannte Hirn- und Stressforschers und Diabetologe Achim Peters aus Lübeck ist der Festredner anlässlich der 10-Jahres Feier des Adipositas-Netzwerkes SAAR e.V. am 14. Oktober 2015 an der Hermann Neuberger Sportschule in Saarbrücken.
Fachkongresse
29. – 30. Juni 2015: Hot Topic Conference 2015: Dietary Sugars, Obesity and Metabolic Disease Risk in Berlin
Consumption of dietary sugars have increased in the population and have emerged as a major dietary component that has been linked with development of obesity and associated metabolic outcomes.
The issues surrounding dietary sugars have become of global importance and have numerous implications for the development of suitable local, national and global policies that might prove successful in combating obesity. These issues include sugar/soda taxes, warning signs on foods/beverages that are high in sugars and global trade policies. The science behind the links between dietary sugars and obesity/metabolic outcomes is rapidly developing and it would be of great benefit to the scientific community to be reviewed and brought together at one venue. There are also numerous evolving controversies and discrepancies in this field of study that this conference would aim to resolve by bringing world experts together into an atmosphere of collegial sharing and consensus building.
Weitere Informationen: http://www.worldobesity.org/what-we-do/events/hot-topics/2015- dietary-sugars/
10 – 21. August 2015: Summer Course on Obesity in a Cross- disciplinary Perspective in Kopenhagen
6. – 10. September 2015: 1st Leipzig International Meeting for Interdisciplinary Obesity Research (LIMIOR): The obese brain in society
Weitere Infos unter: http://www.ifb-adipositas.de/
15. – 17. Oktober 2015: 31. Jahrestagung der Deutschen Adipositas-Gesellschaft e. V. in Berlin
Weitere Informationen: www.dag-kongress2015.de
20. – 23. Oktober2015: 12th European Nutrition Conference FENS in Berlin
http://www.fensberlin2015.org/
13. – 14. November 2015: Forschungstage Bariatrie und Adipositas
Das IFB und das Universitätsklinikum Leipzig laden ein zu den ersten ‘Forschungstagen Bariatrie und Adipositas’. Der Schwerpunkt liegt auf der Forschung; Grundlagen – ebenso wie klinische Studien – werden Thema sein. Es sollen alle Fachbereiche vertreten sein, die mit Genese und Therapie befasst sind.
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